Antigone
Home Nach oben Leseprobe Fotos Dokumente

 

Home
Nach oben
Leseprobe
Fotos
Dokumente

ANTIGONE    -     ÜBERSICHTSSEITE

Auf dieser Übersichtsseite finden Sie Vorbemerkungen und Prinzipien zur Bearbeitung des Textes der Antigone des Sophokles

Auf der Seite Leseprobe können Sie sich anhand von Ausschnitten einen unmittelbaren Eindruck von der erarbeiteten Textversion verschaffen

Auf der Seite Fotos finden Sie Szenenfotos einer Inszenierung

Auf der Seite Dokumente finden Sie eine Einführung zu Sophokles' "Antigone" und zur griechischen Tragödie

ZUR BEARBEITUNG DES TEXTES

Unverständlichkeit und Unspielbarkeit der gedruckt vorliegenden Übersetzungen

Will man eine der  gedruckt vorliegenden Übersetzungen als Textmaterial einer Aufführung der "Antigone" verwenden, stößt man auf eine Reihe von Widerständen. Es handelt  sich bei diesen Texten immer zwangsläufig um einen Kompromiss aus Nachdichtung und Bemühen um Treue zum Original, wobei den Übersetzer  Spielbarkeit und Bühnenwirksamkeit seines Deutschs immer am wenigsten gekümmert zu haben scheint. Das Ergebnis sind in der Regel recht sperrige Texte, die durch eine gewollt ungewöhnliche Diktion möglichst befremdlich wirken sollen, um so scheinbar das antike Original "antik" oder "archaisch" erscheinen zu lassen. Vergleicht man diese Übersetzungen mit dem griechischen Text, so hat man den Eindruck, dass dieser oft schlichter und sinnfälliger wirkt als die verquälte Nachdichtung. 

Bieten diese Übersetzungen schon beim Lesen dem Rezipienten Schwierigkeiten - nicht selten ist man gezwungen, eine Stelle wiederholt zu lesen, um hinter den intendierten Sinn zu kommen -, so ist der Theaterzuschauer geradezu überfordert: den Dialogen zu folgen wird zur Qual, von den Chorliedern ganz zu schweigen. Und das wäre doch schade! Denn mit einer schwerfälligen und schwer verständlichen Darbietung tut man diesem wunderbaren Stück Theaterliteratur nichts Gutes, insbesondere wenn man junge Zuschauer hat, die mit gnadenloser Ehrlichkeit ihr vernichtendes Urteil fällen: Langweilig! Und damit sind sie für das Stück und das Stück für sie für immer verloren.

Prinzipien der Bearbeitung: Spielbarkeit und Verständlichkeit 

Zielsetzung der Bearbeitung war also größtmögliche Verständlichkeit, bestmögliche Sprechbarkeit bei größtmöglicher Treue zum Original. Mag mancher akribische Philologe gegen die vorliegende Bearbeitung an vielen Stellen die Stirn in Bedenkenfalten legen - der Theaterbesucher wird dagegen dankbar staunen, wie schwerelos die schwierige Kost in dieser Gestalt daherkommt, ohne dass die Sprache etwas von ihrer archaischen Wucht und das Stück als Ganzes etwas von seiner Tiefe und Bedeutungsschwere eingebüßt hätte. 

Meist genügte es, unnötige Inversionen zu glätten, gesuchte Wortschöpfungen durch einfache und klare Worte zu ersetzen oder zeitgebundene Begriffe und Bezeichnungen durch allgemeinverständliche auszutauschen, sozusagen interpretierend zu übersetzen. Trotzdem galt es striktes Stilbewusstsein zu wahren und auf alle anbiedernden Modernismen bzw. Anachronismen zu verzichten. Hierbei half ungemein der selbst auferlegte Zwang, das Metrum möglichst genau einzuhalten. Dies erschwerte zwar die Arbeit, zwang aber zu Präzision und Kürze und bewahrte dem Sprechton eine deutliche Höhe über dem Umgangssprachlichen.

Unvermeidlich erschienen dabei auch einige Kürzungen und Vereinfachungen. Dies betrifft in kaum nennenswertem Umfang die Dialogpartien, in wesentlich größerem die Chorlieder. Deren Bearbeitung erweist sich für eine heutige Inszenierung als unumgänglich, es sei denn man verfolgt rein museale Ziele. Die Chorlieder sind überwiegend religiösen Inhalts und somit grundlegend für die kultische Einbettung  der griechischen Tragödie. Für den Zuschauer im Athener Dionysostheater machten die Tänze und Gesänge des Chores das Tragödiengeschehen zum religiösen Erlebnis. Mutet man dem heutigen Zuschauer diese Gesänge in vollem Umfang zu, ist er genauso ratlos, wie es ein Athener des 5. vorchristlichen Jahrhunderts gegenüber dem Inhalt einer Bachkantate wäre. Andererseits wäre eine radikale Unterschlagung der Chorlieder eine unzulässige Verstümmelung, zumal die Tragödie ja aus den Chorliedern ihren Ursprung  nahm. Also galt es zu auszuwählen. Das entscheidende Kriterium dabei war einerseits der Zusammenhang zwischen dem Gehalt der Lieder und der Handlung, anderseits die Nachvollziehbarkeit des Gesungenen für den heutigen Zuschauer. Das Einzugslied und das berühmte "Ungeheuer ist viel ..." wurden ungekürzt belassen. Als lyrische Gestaltung wurde versucht, mit freien Rhythmen dem Gehalt, der Situation und der Stimmung gerecht zu werden.

 

Zum Seitenanfang