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JEDERMANN      -      ÜBERSICHTSSEITE 

Auf dieser Übersichtsseite finden Sie Überlegungen zur Stückwahl und eine Erläuterung zu den Grundsätzen der vorliegenden Bearbeitung 

Auf der Seite "Leseprobe" können Sie sich anhand von Ausschnitten einen unmittelbaren Eindruck  verschaffen

Auf der Seite "Fotos" finden Sie Szenenfotos einer Inszenierung

Auf der Seite "Dokumente" finden Sie eine Inhaltsangabe sowie eine Einführung und einen Deutungsversuch zum Stück

Allgemeine  Probleme der Stückwahl und Grundsätze der Bearbeitung 


Hofmannsthals "Jedermann" als Stück für das Schultheater?

Zugegeben: Das Stück ist Geschmacksache! Zunächst muss der Spielleiter selbst auf den Geschmack gekommen sein und dann muss er eine Truppe haben, die sich auf den Geschmack bringen lässt, d. h. bereit ist, sich auf die skurrile Verssprache und das "mittelaltertümelnde" Sujet einzulassen. Inhaltsübersicht, Einführung und aktualisierende Deutungsansätze auf der Seite Dokumente können behilflich sein, sich mit dem Jedermann - Spiel anzufreunden. Wichtig erscheint mir, den Spielcharakter des Stücks hinter dem vordergründigen Ernst der Thematik zu erkennen und weniger die "Botschaft" als die ästhetischen Qualitäten des Spielmaterials zu goutieren. 

Wenn man feststellt, dass die Gruppenmentalität nicht mit einer gewissen Spontaneität auf den Text anspringt, sollte man die Finger davon lassen. Ein Tipp: In der Praxis hat sich bewährt, die Begegnung mit dem Sujet des Jedermann durch Improvisationsübungen zu Motiven aus dem Stück vorzubereiten, sodass sich die Schüler - ohne das Stück zu kennen - mit seiner Thematik anfreundeten: Beispielthemen für Improvisationsaufgaben: Der  Reiche und der Bettler - Ein Mensch begegnet dem Tod - Ein Mann wird vor den Augen seiner Familie verhaftet - Engel und Teufel kämpfen um eine arme Seele.

Hat man nun tatsächlich zusammen mit seiner Truppe die nötige Begeisterung für den "hölzernen Charme" von Hofmannsthals Mysterienspiel gefunden, stellt sich als Problem die Gretchenfrage ein: Wie hält man's mit der Religion, die ja das Stück durch und durch zu prägen scheint. Dabei gibt es jedoch erhebliche Differenzen in der Art, wie sich das Religiöse jeweils darstellt. Diese Art reicht - unter ästhetischem Blickpunkt betrachtet - von amüsant burlesk (Vorspiel im Himmel, Auftritt des Teufels) bis aufdringlich frömmelnd (Jedermanns Bekehrung). Während die erstere Art in diesem Stück etwa die Funktion hat, die in einem Märchenspiel der Zauberei zukommt und vom Zuschauer entsprechend als dem Sujet immanent rezipiert und toleriert wird, ist der altertümliche Katholizismus langer Passagen des 3. Teiles für manchen Zeitgenossen eine ziemliche Zumutung und geeignet, die Spielfreude (aus Spielersicht) wie die Freude am Spiel (aus Zuschauersicht) erheblich zu dämpfen. Dies wird insbesondere auch dadurch verstärkt, dass weder der Bonus des Könnens erlesener Schauspieler noch  der der traditionellen Spielstätte (Domplatz Salzburg) bei einer Schulaufführung hilfreich zur Seite stehen. Man droht in die Falle zu tappen, religiösen Kitsch zu produzieren. Dem Ziel, diese Gefahr zu entschärfen, galt das Hauptaugenmerk bei der Bearbeitung der Textvorlage.


Zur Bearbeitung des Stücktextes

Nicht nur der Respekt vor dem künstlerischen Rang der Vorlage verbot es, nennenswerte Eingriffe in die sprachliche Gestaltung vorzunehmen. Eine wie auch immer geartete Modernisierung würde ja gerade den Initialreiz des Stückes verderben und was dann als Plot bliebe, wäre lediglich als christliches Erbauungsstück im Rahmen einer religiösen Veranstaltung verwendbar. Einige behutsame Eingriffe in die Sprach- und Versgestaltung wurden nur bei Kürzungen vorgenommen, soweit eine Glättung der Übergänge notwendig war.

Die eigentliche Bearbeitung erstreckte sich im Wesentlichen nicht auf Änderungen, sondern auf Weglassungen, d. h. Kürzungen. Die Notwendigkeit, diese vorzunehmen, ergaben sich weniger aus äußerlichen als vielmehr aus inneren "Längen" des Stücks, wie sie sowohl von mir als auch von den Mitgliedern der Truppe empfunden wurden, und zwar in den Passagen, die oben als "aufdringlich frömmelnd" apostrophiert wurden. Für die kritische Beurteilung dieser Stellen war nun gar nicht einmal so sehr die religiöse Einstellung der Beteiligten von  Bedeutung, als vielmehr die Befürchtung, mit der Vorführung religiöser Rituale sich in den Bereich des Peinlichen oder unfreiwillig Komischen zu begeben. Da diese Problematik ausschließlich im dritten Teil des Stückes auftritt, musste dieser die meisten "Federn" lassen, während die Kürzungen im ersten und zweiten Teil recht mäßig ausfallen konnten und dort mehr aus Gründen der dramatischen Straffung erfolgten. Insgesamt darf die vorliegende Fassung weitgehend als Originaltext angesehen werden, da weder Sprache noch Versbau noch dramatische Struktur einschneidend verändert wurden. Dass die Straffung, insbesondere im dritten Teil, der Bühnenwirksamkeit und "Verdaulichkeit" des Stückes sogar genützt haben mag, sei dahingestellt! Sicher ist, dass die Begegnung mit dieser Version des Textes sowohl den beteiligten Schülern als auch den Zuschauern einen Text und eine Kunstform nahegebracht hat, auf welche sie sich in der Originalversion vielleicht gar nicht erst eingelassen hätten.

 

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