Dokumente
Home Nach oben

 

Home
Nach oben

KABALE UND LIEBE      -      DOKUMENTE 

Zu den Seiten        LESEPROBE       -       FOTOS

ZUM INHALT

Zeit: 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ort: eines der zahlreichen kleinen bis winzigen Fürstentümer, regiert von einem Herzog, der sein Land aussaugt, um seine verschwenderische Hofhaltung zu finanzieren. Reicht das Geld nicht, werden auch mal ein paar tausend Untertanen als Soldaten an auswärtige Mächte verkauft (vgl. 2. Akt, 2. Szene). Umgeben ist er von einem ihm gegenüber unterwürfigen, dem einfachen Volk gegenüber anmaßenden, hochnäsigen Hofstaat, von Schiller köstlich karikiert in der Figur der "Hofschranze" Hofmarschall von Kalb. Die Politik überlässt der Herzog dem Präsidenten, einem durch skrupellose Machenschaften aufgestiegenen Machtmenschen. Dieser bedient sich gerne Lady Milfords, der Mätresse (Favoritin, Geliebten) des Herzogs, um bei diesem seine Pläne durchzusetzen. Da der Herzog nun offiziell eine standesgemäße Ehe eingehen wird, zugleich aber heimlich seine Beziehung zur Milford aufrechterhalten will, hat der Präsident angeboten, dass sein Sohn Ferdinand die Lady heiraten soll, damit diese weiterhin am Hofe bleiben kann, ohne dass dies ein Affront gegenüber der künftigen Ehefrau darstellen würde.

Ferdinand, Idealist, beeinflusst von den philosophisch-literarischen Strömungen der Zeit - Aufklärung, Empfindsamkeit und Geniekult - hasst den Hof mit seiner Verlogenheit, Unmoral und allgegenwärtigen Intrige ("Kabale"!). Das entwürdigende Ansinnen seines Vaters, zum Schein die verrufene Milford zu heiraten und sich so zum Gespött des Landes zu machen, wäre schon Grund genug, sich gegen diesen rücksichtslosen Tyrannen aufzulehnen. Zwar stellt sich heraus, dass die Lady ihn ehrlich liebt und in Wirklichkeit eine Idealistin ist wie er, aber das ändert nichts an seiner ablehnenden Haltung. Denn er ist in ein Mädchen aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen, Luise, die Tochter eines Stadtmusikanten, verliebt. Diese Beziehung ist nun ihrerseits problematisch genug. Dass er ein Verhältnis mit dem Mädchen hat, würde zwar in seinen Kreisen niemanden stören - jedenfalls solange er sie nicht heiratet - dies freilich wäre eine Mesalliance, eine Missheirat, die ihm die Ächtung in der höfischen Welt eintrüge. Eine nichteheliche Beziehung kommt dagegen für Luise nicht in Frage - sie wäre in ihrem bürgerlichen Umfeld, in dem im Gegensatz zum Hof eine strenge Moral gepflegt wird, entehrt. Zugleich ist sie religös sehr gebunden und liebt ihren Vater, dem sie keine Schande machen will, über alles.

Ferdinand ist bereit, seine Karriere und gesellschaftliche Stellung für sie aufzugeben. Als sein Vater davon hört, sieht er seine Pläne in Gefahr. Er versucht zunächst mit Gewalt, dann mit einer Intrige ("Kabale") die beiden zu entzweien. Er hat gute Chancen, dass Letzteres gelingt, denn mittlerweile hat sich bereits gezeigt, dass die Standesschranken sich in den Köpfen der beiden Liebenden tief eingeprägt haben. Der adlige Ferdinand fühlt sich frei, alles hinter sich zu lassen und mit Luise zu fliehen. Sie aber fühlt sich gebunden von religiösem und familiärem Pflichtgefühl. Ferdinand kann dies nicht verstehen. Sein Liebestraum kippt um in rasende Eifersucht, denn wie der Erfinder der Kabale, Sekretär Wurm, treffend bemerkt: "... der Herr Major ist in der Eifersucht ebenso schrecklich wie in der Liebe ..."

ZUR INSZENIERUNG

"Ich höre Striche" soll der große Regisseur Fritz Kortner gesagt haben und Schiller selbst pflegte, wenn er seine Stücke inszenierte, kräftig zu streichen, denn würde man den Spieltext Wort für Wort belassen, dauerte die Aufführung wohl gute fünf Stunden. Die rhetorisch oft überladenen Dialoge vertragen Kürzungen auch recht gut, ohne dass sich an der Substanz etwas ändert. Dynamik und Dramatik des Spielverlaufs dürften sogar erheblich gewinnen.

Die gesellschaftliches Problematik lässt sich kaum aus dem historischen Umfeld des 18. Jahrhunderts lösen, eine Aktualisierung durch Übertragung auf moderne soziale Konflikte täte dem Stück mit seinen zeitgebundenen Personen vermutlich Gewalt an.

Zeitübergreifend sind jedoch die menschlichen Konflikte, und hier werden in unserer Inszenierung durch bewusste Anachronismen in Ausstattung, Kostümen, Musikauswahl und nicht zuletzt durch die Einführung eines Kommentators nach Brecht'scher Manier Brücken in die heutige Wirklichkeit geschlagen.

Zum Seitenanfang