Es muss nicht immer Goethe
sein, wenn man sich mit "dem Faust" auseinandersetzen möchte!
Man kann auch kleinere theatralische Brötchen backen, und das empfiehlt
sich insbesondere im Schultheater. Dass gerade kleine Brötchen sehr
wohlschmeckend sein können, kann das hier vorgestellte "Spiel vom
Doktor Faust" augenscheinlich machen.
Unser Faust - Stück, beruht im Wesentlichen auf einem altüberlieferten
Puppenspieltext in der Version, die der Germanist Karl Simrock Mitte des
19. Jahrhunderts herstellte und veröffentlichte. Ähnliche Texte wurden
von den Puppentheater-Wanderbühnen seit Jahrhunderten benutzt und eine
solche Version dürfte wohl auch dem jungen Goethe bei seinen
Puppentheateraufführungen in seinem Elternhaus zur Verfügung gestanden
haben. Diese Puppentheatertexte stellen eine sehr urtümliche, d. h.
auf dem Volksbuch aus dem 16. Jahrhundert basierende Fassung der Sage vom
Magier und Teufelsbeschwörer Doktor Johannes Faust dar. So stehen die
Auftritte der Teufel und die skurrilen und spektakulären Zaubereien, mit
denen Faust und Mephistopheles die Welt schockieren, im Vordergrund der
Handlung. Was dem Publikum früherer Zeiten noch wohlige Schauer bereitete
und durchaus auch als religiöse Belehrung rezipiert wurde, erscheint
jedoch uns Heutigen eher als amüsantes Spektakel. Deshalb wird der
vordergründige Ernst des Geschehens oft mit einem deutlichen
Augenzwinkern unterlaufen, sodass es neben einigen besinnlicheren Stellen
viel zu schmunzeln und zu lachen gibt. Schon immer spielte der Kasper eine
wichtige Rolle, der mit seinem anarchischen Humor nicht nur Faust und
Wagners Gelehrtenhaushalt, sondern sogar die Hölle gewaltig
"aufmischt" und so die schauerliche Haupthandlung mit
befreiender Komik konterkariert . Gerade die Kasperszenen verlangten dringend nach einer Überarbeitung, da unser heutiger Anspruch an
Witz und Pointen etwas anders gelagert ist, als sie der Simrocksche Text
bietet. Bewusst wurden hier Anachronismen eingebaut und die Sprache
weitgehend unserem heutigen Jargon angepasst. Simrocks vier Akte wurden
auf fünf "aufgestockt", wobei der vierte vollständig neu
konzipiert ist. Hier werden in Form einer Revue kurze Szenen aus dem
Volksbuch sowie Goethes "Auerbachs Keller" aufgegriffen und
durch eine Rahmenhandlung (Bürger unterhalten sich auf der Straße über
Fausts Untaten) verknüpft .
Und
wie kommt ein solcher "Oldie der Theaterliteratur" bei Schülern
und Publikum an? Bereits beim ersten Probelesen ließen sich die
Jugendlichen vom Charme und Witz des Textes mitreißen. So bereitete das
Stück, wie immer beim Schultheater, zunächst in erster Linie den Ausführenden
ein teuflisches Vergnügen. Die Anfertigung von Masken für die Teufel,
die technische Realisierung der Zaubertricks und vor allem die Clownerien des Kaspers
boten viele Anlässe, sich kreativ einzubringen und als schöne Belohnung
wirkte dann schließlich, dass auch das Publikum an unserem Spiel einen höllischen
Spaß zu haben schien. Dass es sich ursprünglich um einen Text
für das Puppentheater handelt, spielt für die Umsetzung als
Bühnenstück keine Rolle.